2. Februar 2010

SIETAR Regionalgruppe München



Ethik und Verantwortung in
interkultureller Beratung und Training

 
Andreas Hauser MBA

Vortrag am 10. September 2009
 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise ist oftmals von verlorenem Vertrauen in die handelnden Institutionen und Manager die Rede. Eine Handlungsbereitschaft auf der Grundlage allgemein befürwortbarer Prinzipien, über gängige Konventionen hinaus, scheint in der Wirtschaft kaum vorhanden zu sein.

Im Rahmen seiner MBA Dissertation hat Andreas Hauser den Bereich „Ethik in der Unternehmensberatung“ untersucht – und kommt zu wenig eindeutigen Ergebnissen: Seine Studie zeigt, dass eine postkonventionelle Ethik in der Unternehmensberatung in Deutschland lediglich an der Oberfläche existiert, nur unklar in Geschäftsprinzipien umgesetzt wird, kaum angewandt und nicht eingefordert wird.

Ethisch fragwürdige Situationen sind jedem Berater und Trainer hinlänglich bekannt: Von der Annahme von Aufträgen über die Durchführung von Trainings bis hin zur Folgeakquise gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, nicht im besten Sinne des Auftraggebers und auch des eigenen Unternehmens zu handeln. Doch wo liegt die Grenze? Welches Verhalten ist ethisch fragwürdig? Wie kann ein Berater sich selbst überprüfen? Welche Kriterien gilt es in der Praxis anzuwenden? 

 
Integrer Wirtschaftsbürger nach Peter Ullrich

 
Die Basis für ethisches Verständnis bildet die Definition integrativer Unternehmensethik von Peter Ullrich. Er fordert sowohl den Wirtschaftsbürger mit Integrität („Ich habe Verantwortung“) als auch das Wirtschaftsunternehmen mit Integrität („Legitimer Profit wird immer durch Moral beschränkt“). Damit nimmt er jeden Einzelnen in die ethische Pflicht, seiner Verantwortung gerecht zu werden – und das betrifft im besonderen Maße diejenigen, die in ihrem Berufen direkten Einfluss auf andere Menschen nehmen: Berater, Trainer und Coaches. 


Integres Wirtschaftsunternehmen nach Peter Ullrich


Vielleicht der wichtigste und entscheidende Punkt ist die klare Definition und Abgrenzung von Unternehmensberatung durch Ulrich Hagenmeyer: hat dies in seinem Buch „Integre Unternehmensberatung“ für die Branche gemacht:

Unternehmensberatung ist eine situationsspezifische Hilfe (1) durch einen unabhängigen, externen und professionellen Experten (2), die ein Rat suchendes Management (3) in überkomplexen Management-situationen (4) die Handlungsfähigkeit wiedergewinnen lässt (5). 
  
Damit wird offensichtlich, dass viele augenscheinliche Beratungssituationen aufgrund eigener Entscheidungen des „Beraters“ (= Ersatz-Management) oder bei bereits im Vorfeld definierten Resultaten (= Scheinberatung) oftmals gar nicht dem Anspruch der Unternehmens-BE-ratung entsprechen. 

 

Definition von Unternehmensberatung nach Ulrich Hagenmeyer


Auf Basis dieser Definition, die sich – wie in der gemeinsamen Diskussion gezeigt – auch in angepasster Form für Training, Coaching oder sonstige Begrifflich- und Tätigkeiten erstellen lässt, gilt es, über eine Stakeholderanalyse die Ansprüche und Interessen aller Beteiligten bewusst zu machen. Erst durch die aktive Einbeziehung dieser Ansprüche kann die Grundlage für ethisch befürwortbare Handlungen abgeleitet werden. 

In der Praxis bedeutet dies: 
  • Wer wird durch meine Entscheidungen betroffen? 
  • Wie sehen diese Konsequenzen aus? 
  • Gibt es Alternativen? 
  • Kann die Entscheidung auch öffentlich gerechtfertigt werden?

Stakeholderanalyse als Basis ethisch befürwortbarer Entscheidungen


Aus diesem Hintergrund ergibt sich für jeden Berater / Trainer / Coach sowie Branchenunternehmen eine Reihe von Fragen, die zum Selbstverständnis sowie zur eigenen Reflektion über Ethik und Verantwortung im geschäftlichen Umfeld beitragen:
  • Wie wird die eigene (Beratungs-)Tätigkeit definiert und verstanden?
  • Welche Geschäftsprinzipien existieren und wie werden sie transparent gemacht?
  • Welche Beratungsphilosophie / Idealbild liegt der Tätigkeit zugrunde?
  • Gibt es einen Ethikkodex und wie wird er umgesetzt? Wie wird die ganzheitliche Aus- und Weiterbildung gefördert?
  • Welche Kriterien zur Ablehnung von Aufträgen gibt es?

Gerade im interkulturellen Kontext ist dabei mit einer gesteigerten Komplexität zu rechnen – und stellt nochmals höhere Anforderungen an die Integrität des Beraters / Trainers: Wie ist beispielsweise der Umgang mit dem Thema Korruption im eigenen und in anderen Ländern, welche Ratschläge können und dürfen hier gegeben werden? Welches Idealbild eines „interkulturellen Managers“ vertritt der Berater / Trainer, steht es im Einklang mit den Erwartungen des Auftraggebers und des Teilnehmers? Und welche Art von Aufträgen wird keinesfalls angenommen?

 
Weiterführende Literatur:
  • Hauser, Andreas: Ethics in Management Consulting (Ethik in der Unternehmens-beratung). An examination of the extent to which the principles of integrative consulting ethics are incorporated in management consulting firms in Germany. München/Ravensburg 2009
    http://www.grin.com/e-book/135704/
  • Hagenmeyer, Ulrich: Integre Unternehmensberatung. Professioneller Rat jenseits rein betriebswirtschaftlicher Logik. Bern/Stuttgart/Wien 2004 


Für weitere Informationen steht der Autor und Referent Andreas Hauser gerne als Ansprechpartner zur Verfügung:  



Andreas Hauser
Management Consultant & Intercultural Trainer


 

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